Die Papiermühle

   


Der Arbeitsvorgang

Bis zum Beginn des 19.Jahrhunderts blieben die von den ersten europäischen Papiermachern übernommenen Herstellungsmethoden ziemlich unverändert. Papiermachen galt nicht einfach als Handwerk, sondern als "weiße" Kunst im Gegensatz zur Druckkunst, die als "schwarze" Kunst bezeichnet wurde. Die Papiermacher des Mittelalters arbeiteten in einem wohlorganisierten Betrieb. In einer Papiermühle gab es den Mühlenmeister, der diese Kunst von A bis Z beherrschte. Schöpfer, Gautscher, Ableger und Leimer waren Spezialberufe, in denen man als Geselle oder Lehrling arbeitete.

Nach der Zerfaserung wurde der Faserbrei oder "Stoff" in einen großen runden Holzbottich, die Bütte, gebracht und mit Wasser so weit verdünnt, dass der Faseranteil nur wenige Prozent betrug. Vermutlich wurden die ersten Bütten aus Weinfässern hergestellt. Später wurden Schöpfbütten aus Stein oder Eisen mit einer Bleiverkleidung als Rostschutz angefertigt. Im Laufe der Zeit fand man heraus, dass durch Erwärmen des Papierbreies in der Bütte ein rascheres Abfließen des Wassers beim Schöpfvorgang und damit eine Steigerung der Produktion erreicht werden konnte. Aus diesem Grunde wurden dann die Bütten mit Heizblasen versehen.

Mit einer Handschöpfform, einem rechteckigen Holzrahmen, auf dem ein Metalldrahtsieb befestigt war, wurde das Batt geschöpft. Das Schöpfsieb war ein feinmaschiges Metallgewebe, welches das Wasser in die Bütte zurücklaufen ließ, die Fasern jedoch festhielt, wodurch sich auf dem Sieb das nasse Papierblatt bildete.

Velin-SiebForm (Sieb) und Deckel (Rahmen) sind die wichtigsten Werkzeuge des Papiermachers. Die früheste Form bestand vermutlich aus einem einfachen Rahmen, der mit grob gewebtem Tuch bespannt war. Es gibt zwei westliche Typen: die "gerippte" (vergé) und die "gewebte" (velin) Form. Die gerippte Form ähnelt der japanischen sugeta, nur dass das Schöpfsieb fest an der Form angebracht ist und aus dünnen Drähten besteht. Die sehr eng nebeneinander liegenden waagrechten Drähte werden mit weiter gespannten senkrechten Kettdrähten zusammengehalten. Holzstege geben auch hier dem Sieb Halt, nur ist der Deckel nicht mit einem Scharnier an der Form befestigt. Auf der gerippten Form hergestelltes Papier kann man an den vertikalen und horizontalen Rippen erkennen, die durch die Oberfläche des Schöpfsiebs entstehen. Zur gewebten Form gehören alle Typen mit einem engmaschigen Drahtgeflecht als Schöpfsieb. Papier aus der gewebten Form hat gewöhnlich eine glattere Oberfläche als Papier aus der gerippten Form. Dieser Typ kam im 18.Jahrhundert in Gebrauch.

 
     

Das Werk beginnt.

Der Schöpfgeselle nimmt die Form, legt den Rahmen (Deckel) darauf und befeuchtet beides vorerst in einem neben ihm stehenden Wasserbottich. Schöpfform und Deckel hat er mit beiden Händen in der Mitte der Schmalseiten gefasst, hält sie über die Bütte, taucht sie dann in die umgerührte Fasersuspension, um sie anschließend mit einer gleichmäßigen fließenden Bewegung wieder aus der Bütte herauszuheben. Er hält die gestrichen mit Faserbrei gefüllte Form waagrecht und beginnt sie vorsichtig nach beiden Seiten und vor und zürück zu schütteln. Dadurch wird der Papierbrei gleichmäßig verteilt und die sich absetzenden Fasern miteinander verflochten. Oft gelangt etwas Faserbrei zwischen Rahmen und Form und bildet dann den bekannten "Büttenrand". Großes Geschick und viel Erfahrung sind nötig um ein gleichmäßig dickes Blatt zu schöpfen. Danach stellt der Schöpfgeselle die Form zum Abtropfen auf den Rand der Bütte oder auf ein an der Bütte montiertes Gestell, den "Esel". Schließlich entfernt er den Deckel und reicht die Form zum nächsten Arbeitsgang weiter. Den Deckel setzt er auf eine zweite Form und beginnt einen weiteren Bogen Papier zu schöpfen.
Papiermacher
Der Gautscher hat nun die Form vom Schöpfgesellen übernommen. Er dreht die Form mit dem darauf haftenden Bogen um und presst (gautscht, von franz. coucher ablegen, schichten ) sie mit einer wiegenden Bewegung auf einen feuchten Filz, so dass das Blatt von der Form auf den Filz übertragen wird. Der Gautscher gibt die Form wieder an den Schöpfgesellen zurück und bedeckt den abgegautschten Bogen mit einem weiteren Filz. Inzwischen hat der Schöpfgeselle bereits den nächsten Bogen geschöpft, dieser wird nun wieder auf dem Filz abgegautscht. Es entsteht ein Stapel (Pauscht) auf dem wechselweise ein nasser Filz und ein Papierblatt aufgeschichtet werden. So geht das Spiel weiter, bis der Pauscht so hoch ist, dass das Abgautschen mühsam wird. Dies ist zumeist bei 6 Lagen zu 24 Bogen erreicht.

Wenn ein Pauscht bereit ist wird er anschließend in einer großen hölzernen Spindelpresse gepresst. Es war in den alten Papiermühlen oft üblich die Fertigstellung eines Pauscht durch Läuten einer Glocke anzukündigen. Die Arbeiter verließen sodann ihren jeweiligen Arbeitsplatz und halfen mit die große Spindel zu drehen. Durch starken Druck wird möglichst viel Wasser aus dem Papier herausgepresst. Das dem Trocknen vorausgehende Pressen trägt weiters zu einer besseren Verbindung der Fasern bei.

Danach wird der Pauscht aus der Presse genommen und die Arbeit des Ablegers beginnt. Vorsichtig löst er die noch feuchten Papierbogen von den Filzen. Die Bogen werden sorgfältig in einem "Packen" auf einem schrägen Gestell gestapelt, die Filze wieder an den Gautscher zurückgegeben. Häufig werden die Bogen noch mehrmals, aber mit trockenen Filzen und unter geringerem Druck gepresst.

Trocknung Nach Abschluss des Pressvorganges werden die noch immer feuchten Bogen auf einen Trockenboden gebracht und über Seile aus Ross- oder Kuhhaar gehängt, die mit Bienenwachs bestrichen sind. An alten Büttenpapieren ist der Abdruck des Seiles oft noch zu erkennen. Um ein Schrumpfen und Verziehen der Bogen zu reduzieren wird oft ein kleiner Packen von vier bis fünf Bogen gemeinsam getrocknet. Verstellbare Luken, die je nach Wetterlage geöffnet werden, sorgen für gute Luftzirkulation und nach etwa einem Tag sind die Papiere trocken.

Wenn es sich um Schreibpapier handelt, muss es nach dem Trocknen noch geleimt werden. Zum Leimen wird Tierleim (Gelatine), oft zusätzlich mit Alaun vermischt, verwendet. Die Bogen werden bündelweise in eine große Bütte mit heisser Leimlösung getaucht, kurz gepresst und wiederum getrocknet. Durch diese Behandlung wird das Papier erst schreibfest; sonst würde es sich wie Löschpapier verhalten.

Die trockenen Bogen sind wellig und unansehnlich und müssen nun geglättet werden. Das Glätten der Papieroberfläche erfolgte bis zur Einführung des wassergetriebenen Glätthammers (ähnlich einem Schmiedehammer) im 16.Jahrhundert von Hand mit einem Achatstein. Erst im 18.Jahrhundert wurden zum Glätten des Papiers mechanische Satinierwalzen entwickelt.

Noch in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts entstanden in einer Papiermühle pro Arbeitstag (etwa 13 Stunden) um die 3000 bis 4500 Bogern handgeschöpften Papiers. Diese Papiere hatten weiß, dünn und gleichmäßig zu sein. Das hing natürlich von der guten Arbeit des Papiermachers, aber auch von den Rohstoffen und dem Wasser ab. Papiermühlen konnten sich mit Qualitätspapieren einen guten Namen machen. Noch heute erkennt man solche Papiere an ihrem Wasserzeichen.

 
     





 
     
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