Der Schritt zur Industrie

   


Neue Rohstoffe

Bis gegen die Mitte des 19.Jahrhunderts kannten die Papiermacher in Europa als einzigen Faserrohstoff Hadern, sowie Hanf- und Flachsabfälle. Der schon im 18.Jahrhundert aufgetretene Rohstoffmangel der Papiermühlen verstärkte sich weiter zu Beginn des 19. Jahrhunderts und wurde für die Papiermacher zu einem enormen Problem. Durch die Erfindung der Papiermaschine, mit der die handwerkliche Papiermacherei zur industriellen Fertigung überging, wurde die Papiererzeugung beträchtlich gesteigert und dem entsprechende Rohstoffbedarf stand ein viel zu geringes Angebot an Hadern gegenüber.

Vorerst versuchte man auch gröbere und farbige Hadern als Rohstoff zu verwenden und diese zu bleichen, wodurch die Weiße der Papiere verbessert wurde. Die bleichende Wirkung des Chlors wurde im Jahre 1774 von dem deutschen Chemiker K. W. Scheele entdeckt. Nach diesem Verfahren verwendete der französische Chemiker Graf C.L.Berthollet erstmalig im Jahre 1789 die Chlorbleiche für geringere Lumpensorten.

4-Pressen-SchleiferDer Durchbruch bei der Suche nach einem neuen Papierrohstoff gelang schließlich einem Weber, Friedrich Gottlob Keller aus Sachsen, dem es 1843/44 gelang durch Abschleifen von Holz an einem Schleifstein einen Faserbrei herzustellen und daraus ein kleines Stückchen Papier anzufertigen. Damit war der mechanische Aufschluß von Holz zu Holzschliff erfunden. Ein Verfahren, das bald größte Bedeutung erlangte. Noch heute dient Holzschliff als wesentlicher Rohstoff für die Erzeugung holz(schliff)haltiger Zeitungspapiere.

Die größte Rohstoffnot wurde durch den Einsatz von Holzschliff zwar gemildert, auf Hadern konnte jedoch nicht zur Gänze verzichtet werden. Aus reinem Holzschliff hergestelltes Papier wird im Laufe der Zeit brüchig und vergilbt durch Einwirkung von Sonnenlicht. Ursache dafür sind die Inkrusten (Lignin), welche die Zellfasern umgeben und im Holzschliff enthalten sind. Es mußte daher ein Verfahren gefunden werden, die Fasern von den Inkrusten zu trennen.

Der chemische Aufschluß von Holz zu Natronzellstoff gelang 1854 dem Engländer Watt und dem Amerikaner Burgess, wobei das Fasergut unter Druck in großen Behältern mit Chemikalien gekocht wurde.

Besondere Bedeutung erlangte das 1863/67 in Amerika von Benjamin Chew Tilghman  entwickelte Kochen mit Kalziumbisulfitsäure zu Sulfitzellulose, das 1872/74 durch C.D.Ekman und A.Mitscherlich in Europa eingeführt wurde. Sulfitzellulose wird vor allem für Schreib- und Druckpapiere verwendet.

1884 meldete C.F.Dahl ein Verfahren unter Einsatz von Natriumsulfat an. Die dabei entstehende Sulfatzellulose wird wegen ihrer großen Festigkeit besonders für mechanisch stark beanspruchte Papiere (Kraftpapiere) bevorzugt

Holzschliff und Zellulose, bis heute die Hauptrohstoffe für die Papiererzeugung, bewirkten eine Revolutionierung der gesamten Papierherstellung und führten zusammen mit der Erfindung und Weiterentwicklung der Papiermaschine zu einem gewaltigen Aufschwung. Sie ermöglichten den Wandel des alten Papiermacherhandwerkes zur Großindustrie, welche die gewaltige Nachfrage befriedigen kann.

 
     





 
     
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