Der Schritt zur Industrie

   


Die Mechanisierung

Bis Ende des 18.Jahrhunderts wurde das gesamte Papier von Hand hergestellt.  Die Qualität dieser Papiere war sehr hoch, aber die Produktivität der Papiermühlen zu gering um die ständig steigende Nachfrage befriedigen zu können. Einen grundlegenden Wandel brachte die Erfindung des Franzosen Nicholas-Louis Robert, der die erste Langsieb-Papiermaschine baute und damit die Epoche der maschinellen Papierfabrikation einleitete. Die einstige handwerkliche Tradition wandelte sich im Laufe weniger Jahrzehnte zu einer modernen Industrie.

Nach seinem Ausscheiden aus der französischen Armee arbeitete Nicholas-Louis Robert (1761-1828) für den Drucker Pierre-Francois Didot und wurde bald Buchhalter in der Papiermühle von dessen Sohn Saint Léger Didot in Essones bei Paris. Dort hatte er die Idee eine Maschine zu konstruieren, welche das Schöpfen von einzelnen Blättern ersetzen und die Herstellung einer zusammenhängenden Papierbahn möglich machen sollte. 1798 war der Prototyp einer derartigen Maschine fertiggestellt. Für diese Erfindung erhielt er am 18.Jänner 1799 das Patent. Wenn auch diese Maschine noch nicht vollkommen war, so bedeutete sie dennoch den ersten Schritt zur Mechanisierung der Papierherstellung.

erste Papiermaschineerste Papiermaschine
Erste Papiermaschine von Nicolas-Louis Robert 1798



 
     


Die Maschine bestand in der Hauptsache aus zwei in gleicher Richtung drehbaren Walzen, um die ein endloses Sieb lief. Diese Vorrichtung war über einer ovalen Bütte angebracht. Wurden die Walzen mit einer Handkurbel gedreht, so bewegte sich das Sieb in seiner Längsrichtung, und mittels eines mit Kupferlamellen bestückten Zylinders wurde fortwährend Stoffsuspension aus der Bütte auf das Sieb gebracht. Die feuchte Papierbahn wurde auf einer Walze aufgewickelt und periodisch abgenommen. Robert erreichte eine Tageserzeugung von ca. 100 kg bei einer Siebbreite von 64 cm und 5 m/min Arbeitsgeschwindigkeit.

Mit dieser Maschine war es nun erstmals möglich eine beliebig lange Papierbahn zu erzeugen und damit Papier schneller und kostengünstiger zu produzieren. Ein Modell der Robert'schen Maschine, der Urform unserer heutigen Papiermaschinen, befindet sich im Science Museum London, funktionstüchtige originalgetreue Nachbauten im Deutschen Technikmuseum Berlin und im Österreichischen Papiermachermuseum Laakirchen-Steyrermühl.

Die politischen Verhältnisse und finanzielle Schwierigkeiten verhinderten die Weiterentwicklung in Frankreich. Ein Schwager Didot´s, der Engländer John Gamble, erhielt im April 1801 das englische Patent für eine verbesserte Version der Robert'schen Maschine. Von dieser weiterentwickelten Maschine erlangten die Brüder Henry and Sealy Fourdrinier (Londoner Papiergroßhändler) Kenntnis. Diese engagierten den Ingenieur Bryan Donkin von der Firma Donkin and Hall in Dartford. Dank der Gemeinschaftsleistung eines Teams, in dem die Brüder Fourdrinier als Geldgeber, Gamble als Spezialist für den Patentschutz und Donkin als der überragende Konstrukteur fungierten, konnte 1804 in Frogmore (Hertfordshire) eine wesentlich verbesserte Papiermaschine in Betrieb genommen werden. 1819 gelang Donkin der Bau des ersten Trockenzylinders.


Donkin Maschine
Papiermaschine von Bryan Donkin, nach 1820


Mit der Fourdrinier-Maschine wird Papier erzeugt, indem Faserbrei auf ein endloses, sich ständig bewegendes Drahtsieb gegeben wird. Der größte Teil des Wassers läuft sofort ab. Das gebildete Faservlies wird auf ein Filztuch übertragen und zwischen mehreren Walzen hindurchgeführt, die weiteres Wasser herauspressen. Dann passiert das Papier erhitzte Trockenzylinder. Kalanderwalzen glätten das Papier, bevor es schließlich zu Rollen aufgewickelt wird. Die Fourdrinier-Maschine hatte bereits alle wesentlichen Elemente unserer modernen Papiermaschinen: Stoffauflauf, Sieb-, Pressen- und Trockenpartie, Glättwerk, Aufrollung. Somit konnten alle bisherigen Tätigkeiten wie Schöpfen, Abgautschen, Pressen, Trocknen und Glätten in einem kontinuierlichen Arbeitsvorgang ausgeführt werden. Um 1827 produzierte eine derartige Maschine mit nur drei Männern und zwei Jugendlichen bereits eine Papiermenge, für deren Herstellung nach altem Verfahren 50 bis 60 Personen erforderlich waren.

Robert konnte die Früchte seiner Erfindung nicht ernten. Bryan Donkin war der Einzige der finanziellen Erfolg mit seiner Arbeit erlangen konnte. Bis 1851 hatte er insgesamt 191 Papiermaschinen konstruiert: 83 für britische Mühlen, 105 in weiteren europäischen Ländern, eine für Indien und zwei für die Vereinigten Staaten. Die erste aus England importierte Fourdrinier-Maschine in den Vereinigten Staaten wurde 1827 in Saugerties, New York, errrichtet.

Diese erste deutsche Papiermaschine wurde vom Heilbronner Mechaniker Johann Jakob Widmann konstruiert und in der Fabrik von Gustav Schaeuffelen aufgestellt, wo sie 1830 den Betrieb aufnahm. Eine zweite Maschine baute Widmann danach unter Mithilfe des Heidenheimer Schlossermeisters Johann Matthäus Voith für die Papiermühle Rau und Voelter, Heidenheim.

Ab etwa 1825 entwickelte sich in Europa und in den Vereinigten Staaten die Industrialisierung der Papierproduktion in rasantem Tempo. 1850 gab es zum Beispiel in England 300 Papiermaschinen und 250 in Frankreich. Bis zur Mitte des 19.Jahrhundertst sind alle Produktionsschritte von der Aufbereitung der Lumpen bis zur Verpackung des fertigen Papiers mechanisiert worden.


Eine weitere umwälzende Erfindung für die Papierherstellung wurde im Jahre 1806 gemacht. Der deutsche Papiermacher Moritz Friedrich Illig erfand die Leimung des Papierstoffes in der Masse (Masseleimung) mittels Harz und Alaun als Ersatz für die Oberflächenleimung mit tierischem Leim. Diese Erfindung war von großer Bedeutung für die Entwicklung beschreibbarer Papiere bei der maschinellen Papierfabrikation.




 
     





 
     
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